Ärztin analysiert Röntgenbild und bereitet sich auf die Bypass-OP vor.
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Verstopfte Gefäße umgehen

Bypass-OP: Ablauf und Risiken

Von: Romina Enz (Medizinredakteurin und Biologin)
Letzte Aktualisierung: 14.05.2021

Bei einer Bypass-Operation am Herzen wird der Blutfluss umgeleitet, um ein verstopftes Blutgefäß zu umgehen: So kann der Herzmuskel wieder ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Der Eingriff kann am offenen Herzen oder minimal-invasiv erfolgen. Mehr zum Ablauf, wann eine Bypass-Operation nötig ist und welche Risiken es gibt.

Was ist eine Bypass-Operation?

Ein Bypass im Allgemeinen ist eine Gefäßumleitung, die Engstellen umgeht. Dafür wird ein Blutgefäß an anderer Stelle entfernt und vor dem Gefäßverschluss eingesetzt. Der Bypass besteht somit aus körpereigenem Gewebe. Ein Blutgefäß kann an vielen Stellen im Körper entnommen werden. Für einen Bypass eignen sich beispielsweise:

  • Beinvenen
  • Armarterien oder
  • Brustwandarterien

Ein Bypass aus einer Arterie wird heutzutage bevorzugt, denn 90 Prozent der arteriellen Bypässe sind nach zehn Jahren immer noch durchgängig, während Venenbypässe zu dem Zeitpunkt oft schon erneut verengt sind. In einer Notfall-OP werden meist Venenbypässe genutzt, da diese schneller durchzuführen sind.

Am häufigsten wird ein Bypass in den Herzkranzgefäßen, den Koronararterien, gelegt. Eine Verengung in diesem Bereich hat zur Folge, dass bestimmte Teile des Herzmuskels nicht mehr ausreichend durchblutet werden. Dadurch droht im schlimmsten Fall ein Herzinfarkt, bei dem Herzmuskelzellen absterben können. Ist der Blutfluss wieder sichergestellt, erhält der Herzmuskel den benötigten Sauerstoff.

Eine Bypass-Operation ist dann zu empfehlen, wenn die Gefäßerweiterung durch einen Ballonkatheter nicht möglich ist und kein Stent zur dauerhaften Weitstellung des Gefäßes gesetzt werden kann. Ein Stent ist ein kleines Metallgerüst, das minimal-invasiv mittels Katheter bei einem Gefäßverschluss eingesetzt wird, um den betroffene Gefäßabschnitt zu stützen.

Wann wird eine Bypass-OP durchgeführt?

Bei Menschen, die an einer koronaren Herzkrankheit (KHK) leiden, ist eine Bypass-Operation sinnvoll. Bei der Erkrankung sind mehrere Herzkranzgefäße teilweise oder ganz verschlossen. Weiterhin kann eine Bypass-OP notwendig sein, wenn einzelne Gefäße so verengt sind, dass ein Stent zur Behandlung nicht ausreicht (komplexe Stenosen).

Eine Bypass-Operation kann schlimme Folgen der koronaren Herzkrankheit verhindern. Dazu zählen unter anderem ein Herzinfarkt, eine Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen.

Symptome einer Angina pectoris wie Schmerzen in der Brust können sich nach einem Bypass bessern. Ebenso stellt ein Bypass die Durchblutung im Herzen nach einem Herzinfarkt wieder sicher.

Bypass oder Stent: Herz-Operationen im Vergleich

Ob ein Bypass oder ein Stent sinnvoller ist, wird im Einzelfall entschieden. In vergleichenden Studien zeigte sich, dass eine Bypass-OP die Beschwerden langanhaltender lindern kann und es seltener zu einer erneuten Verstopfung des Gefäßes (Restenose) kommt. Nach einem Eingriff ist also seltener eine zweite Herz-OP nötig.

Auch die Lebenserwartung kann durch eine Bypass-Operation am Herzen verbessert werden. Im Mittel sterben sieben von 100 Personen innerhalb von vier Jahren nach der Bypass-Operation, während im Vergleich zehn von 100 Menschen eine Stent-OP nicht länger überlebt haben.

Stents sind zum Beispiel bei Notfällen wie einem Herzinfarkt häufiger die Methode der Wahl, da Betroffene schnell Hilfe benötigen. Manchmal jedoch kann eine Bypass-Operation auch nach einem akuten Herzinfarkt erforderlich sein.

Vorbereitung auf die koronare Bypass-OP

Um bestens für die Bypass-Operation vorbereitet zu sein, werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Dadurch wird festgestellt, wo die betroffene Engstelle liegt und welches Verfahren sinnvoll ist. Folgende Diagnoseverfahren kommen vor der Bypass-Operation zum Einsatz:

  • Herzkatheteruntersuchung
  • Herzultraschall (Echokardiographie)
  • Doppler-Ultraschall an Beinen und Armen
  • Röntgenuntersuchung des Brustkorbs
  • Kontrolle der Blutwerte
  • Elektrokardiogramm (EKG)

Mithilfe der Untersuchungen wird abgeklärt, ob Erkrankungen der Herzklappen vorliegen und diese im Zuge der Operation mitbehandelt werden müssen. Zudem sind weitere Faktoren vor dem Eingriff zu berücksichtigen. Dazu gehören etwa eine eventuell Medikamentenunverträglichkeit und -einnahme sowie die familiäre Vorgeschichte und bestehende Vorerkrankungen.

So läuft die Bypass-OP am Herzen ab

Koronare Bypass-Operationen zählen in Deutschland zu den häufigsten Eingriffen der Herzchirurgie. Je nach Lokalisation der koronaren Engstelle, wird zwischen einer Operation am offenen Herzen oder einem minimal-invasiven Verfahren gewählt.

Ablauf Bypass-OP am offenen Herzen

Wird am offenen Herzen operiert, handelt es sich um einen relativ großen Eingriff, der im Durschnitt drei bis vier Stunden dauert. Die Operation findet unter Vollnarkose statt. Die Beinvene oder Armarterie wird minimal-invasiv entfernt, für das Einsetzen am Herzen muss wiederum der Brustkorb geöffnet (Thorakotomie) und mit einem sogenannten Spreizer geweitet werden.

Die Bypass-OP am offenen Herzen kann am stillgelegten oder schlagenden Herzen stattfinden. Soll der Herzschlag während des Eingriffs stoppen, wird der*die Pantient*in an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Sie ersetzt für eine gewisse Zeit die Funktion des Herzens. Durch Gabe einer kaliumreichen Flüssigkeit wird die Herzaktivität gestoppt.

Nun erfolgt das Annähen des Venen- oder Arterienbypasses hinter der Verengung des Herzkranzgefäßes, um dieses zu umgehen. Anschließend wird das andere Ende an der Aorta befestigt. Die Aorta stellt den Blutfluss durch die neu erschaffene Umleitung sicher. Nachdem der Bypass gelegt und auf Dichtheit geprüft ist, kann die Herz-Lungen-Maschine entfernt werden.

Der Brustkorb wird im Anschluss wieder mit speziellem Drahtmaterial verschlossen. Nach einer offenen Herz-Bypass-Operation werden Betroffene zunächst auf die Intensivstation zur dauerhaften Überwachung verlegt. Treten keine Komplikationen auf, kann schon am nächsten Tag eine Verlegung auf eine Normalstation erfolgen. Der Krankenhausaufenthalt dauert in der Regel etwa zwei Wochen.

Minimal-invasive Bypass-OP

Dieses Verfahren ist möglich, wenn nur die linke vordere Koronararterie verengt ist und einen Bypass benötigt. Dann kann als Bypass die dort verlaufende linke innere Brustwandarterie (Arteria mammaria interna) verwendet werden. Das Brustbein muss hierbei nicht geöffnet werden, es genügt ein kleiner Schnitt unterhalb der linken Brust. Mithilfe eines Endoskops kann der Bypass angebracht werden. Der Vorteil dieser Technik liegt in der schnelleren Erholung und Mobilität nach dem Eingriff. Zudem ist das Komplikationsrisiko der OP-Technik geringer. Nach zirka zwölf Tagen endet in der Regel der Krankenhausaufenthalt.

Mögliche Risiken einer Bypass-Operation

Heutzutage ist das Risiko einer Bypass-OP relativ gering, doch birgt sie wie jeder operative Eingriff gewisse Risiken. Sie wird auch im höheren Alter noch durchgeführt. Vorangegangene Herzinfarkte können die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen erhöhen. Zudem besteht während des Eingriffs ein Risiko von zirka fünf Prozent, einen Infarkt zu erleiden.

Diese Risiken bestehen außerdem bei einer Bypass-OP:

  • Gerinnselbildung mit der Folge eines Schlaganfalls oder Herzinfarkts
  • Wundinfektionen
  • Nachblutungen
  • Herzschwäche (Herzinsuffizienz) durch die OP
  • Herzrhythmusstörungen

Eine weitere mögliche Komplikation ist eine allergische Reaktion auf das Narkosemittel. Auch weitere Medikamentenunverträglichkeiten sind möglich. Oft werden gerinnungshemmende Medikamente zur Thromboseprophylaxe verabreicht, beispielsweise der Blutverdünner Acetylsalicylsäure. Es kann zu Nebenwirkungen und allergischen Reaktionen kommen. Nach der Bypass-OP verschließen sich etwa zehn Prozent der Bypässe in den ersten vier Wochen. Weitere zehn Prozent verstopfen im ersten Jahr nach der Operation.

Bypass: Prognose nach Herz-OP

Eine Bypass-Operation am Herzen wird durchgeführt, um bestehende Symptome wie Schmerzen in der Brust zu verbessern und schlimmere Folgen wie einen Herzinfarkt zu vermeiden. Insgesamt verspüren zirka 90 Prozent der Patienten*innen nach der OP eine deutliche Linderung der Beschwerden – zwei Drittel der operierten Menschen sind sogar völlig beschwerdefrei. Zudem ist die Lebenserwartung nach einer Bypass-OP kaum verringert.

Leben nach der Bypass-OP

Im Anschluss an die Bypass-OP gliedert sich eine Rehabilitation an. Moderate Sporttherapie soll die ursprüngliche Belastbarkeit wiederherstellen und erhöhen. Auch werden Betroffene für eine herzgesunde Ernährung und Risikofaktoren für einen erneuten Gefäßverschluss sensibilisiert, um eine erneute Herz-Operation zu verhindern. Zu vermeidende Risikofaktoren nach einer Bypass-Operation sind:

  • Rauchen
  • hoher Blutdruck
  • Übergewicht
  • Bewegungsmangel

Mit einem gesunden Lebensstil kann ein Bypass 15 bis 20 Jahre halten. Regelmäßige Kontrolltermine in der kardiologischen Praxis sind dabei unerlässlich.