Besonders schlanke, junge Frauen leiden häufig unter niedrigem Blutdruck
© Getty Images/Yelizaveta Tomashevska
Ursachen, Symptome und Behandlung

Niedriger Blutdruck: Was tun?

Von: Constanze Wolff (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 21.12.2021

Von niedrigem Blutdruck sprechen Fachleute, wenn der systolische (erste) Blutdruckwert unter 100 mmHg liegt. Betroffene leiden oft unter Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schwindel bis hin zu kurzer Ohnmacht. Ein niedriger Blutdruck ist in den meisten Fällen harmlos und mit Hausmitteln behandelbar, manchmal steckt aber auch eine ernsthafte Erkrankung dahinter. Lesen Sie hier alles über Ursachen, Symptome, Diagnose- und Therapiemöglichkeiten.

Blutdruckwerte: Was ist normal?

Normalwerte für den Blutdruck werden immer im Ruhezustand (im Sitzen und ohne vorhergehende körperliche Anstrengung) angegeben. Seine Höhe schwankt im Tagesverlauf, als Richtwerte gelten folgende Angaben:

EinordnungBlutdruckwerte
zu hochüber 140/90 mmHg
hochnormalbis 139/89 mmHg
normalbis 129/84 mmHg
optimal120/80 mmHg
niedrigunter 100/60 mmHg

Ist der Blutdruck dauerhaft zu niedrig, spricht man von einer arteriellen Hypotonie. Sie gilt nicht als eigenständige Krankheit, bedarf aber der Behandlung, wenn eine ernsthafte Erkrankung dahintersteckt oder die Beschwerden zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität führen.

Symptome: So macht sich niedriger Blutdruck bemerkbar

Nicht immer ist ein niedriger Blutdruck für die Betroffenen spürbar – treten Symptome auf, äußern diese sich jedoch oft unspezifisch und unregelmäßig und sind nur schwer von Befindlichkeitsstörungen zu unterscheiden. Vor allem bei einem plötzlichen Blutdruckabfall sind jedoch oft folgende Symptome eines zu niedrigen Blutdrucks festzustellen:

  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Ohrensausen
  • Flimmern vor den Augen
  • Übelkeit
  • Ohnmachtsneigung
  • rasche Ermüdbarkeit
  • Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
  • Herzklopfen
  • kalte Hände und Füße
  • Blässe
  • Schweißausbrüche

Diese Symptome werden durch eine zu geringe Durchblutung des Gehirns verursacht: Das Blut „versackt“ in den Beinen, der Körper benötigt einen Moment, um die Gefäße eng zu stellen, den Herzschlag zu beschleunigen und so den Blutdruck zu regulieren.

Ursachen und Risikofaktoren

Abhängig von der Ursache unterscheiden Fachleute zwischen drei verschiedenen Formen des niedrigen Blutdrucks: Sie sprechen von Primärer Hypotonie, Sekundärer Hypotonie und Orthostatischer Hypotonie.

Primäre Hypotonie

Dies ist die häufigste Form des niedrigen Blutdrucks, sie tritt meist bei jungen Frauen, sehr schlanken Menschen oder Ausdauersportlern auf. Ihre Ursache ist nicht bekannt, eine genetische Veranlagung wird diskutiert.

Sekundäre Hypotonie

Von einer Sekundären Hypotonie spricht man immer dann, wenn der niedrige Blutdruck als Folge einer anderen Erkrankung oder Medikamentennebenwirkung auftritt. Verantwortlich können hier zum Beispiel sein:

  • Unterfunktion der Nebenniere (Morbus Addison)
  • Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
  • Unterfunktion der Hirnanhangdrüse (Hypophyseninsuffizienz)
  • Blutarmut (Anämie)
  • Herzklappenfehler oder Herzschwäche
  • Diabetes Mellitus
  • Erkrankungen des vegetativen Nervensystems
  • Auch nach Operationen, langem Krankenlager und der Einnahme bestimmter Medikamente kann der Blutdruck zu niedrig sein. Zu diesen Medikamenten gehören:
  • Mittel gegen Bluthochdruck (Antihypertonika)
  • Medikamente gegen Morbus Parkinson
  • harntreibende Mittel (Diuretika)
  • trizyklische Antidepressiva
  • Mittel gegen erektile Dysfunktion
  • Antihistaminika

Orthostatische Hypotonie

Fällt der systolische Blutdruck beim Wechsel vom Liegen oder Sitzen zum Stehen innerhalb kürzester Zeit um mindestens 20 mmHg ab, sprechen Fachleute von einer Orthostatischen Hypotonie. Diese mit Schwindel, Benommenheit und Gangunsicherheit einhergehende unzureichende Anpassung an wechselnde Körperhaltungen betrifft vor allem ältere Menschen, Diabetiker*innen und Personen mit ausgeprägten Krampfadern. Die Orthostatische Hypotonie wird auch orthostatische Dysregulation genannt, weil das Absacken von bis zu einem Liter Blut in die untere Körperregion beim Positionswechsel nicht ausreichend kompensiert werden kann. Mediziner*innen unterscheiden zwischen zwei Formen der Orthostatischen Hypotonie:

  • Bei der sympathikotonen Orthostatischen Hypotonie fällt der systolische Blutdruck ab, während der Puls steigt. Diese Form tritt vor allem bei jüngeren Menschen oder bei der Einnahme gefäßerweiternder Medikamente auf.

  • Bei der asympathikotonen Orthostatischen Hypotonie fallen der systolische und der diastolische Blutdruck ab, während der Puls gleich bleibt oder fällt.

  • . Diese Form tritt vor allem bei älteren Menschen, bei Einnahme von sympathikushemmenden Medikamenten oder bei neurologischen Erkrankungen auf.

Diagnose: So wird niedriger Blutdruck festgestellt

Da der Blutdruck auch bei gesunden Menschen im Tagesverlauf schwankt, muss er für eine gesicherte Diagnose an verschiedenen Tagen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemessen werden.

Im Anschluss an eine körperliche Untersuchung und Befragung zu Symptomen und eingenommenen Medikamenten ordnen Ärzt*innen daher bei Verdacht auf zu niedrigen Blutdruck eine 24-Stunden-Blutdruckmessung an. Wird eine Sekundäre Hypotonie vermutet, schließen sich weitere spezialisierte Untersuchungen – wie EKG oder Blutwertanalysen – an, um die zugrundeliegende Erkrankung ausmachen zu können.

Ob eine orthostatische Dysregulation vorliegt, kann mithilfe spezieller Untersuchungen herausgefunden werden – folgende Tests stehen zur Verfügung:

  • Beim Schellong-Test muss der*die Betroffene zunächst fünf bis zehn Minuten liegen und dann schnell aufstehen und fünf bis zehn Minuten stehenbleiben. Dabei wird gemessen, ob der Blutdruck abfällt oder andere Symptome auftreten.

  • Bei der Kipptisch-Untersuchung wird der*die Betroffene auf einem Kipptisch festgeschnallt und nach zehnminütiger Liegezeit zügig aufgerichtet. Bei gesunden Menschen passt sich der Blutdruck hier deutlich schneller an als bei Menschen mit zu niedrigem Blutdruck.

Therapie: Was hilft gegen niedrigen Blutdruck?

Ob ein zu niedriger Blutdruck behandelt werden muss, hängt stark von den damit einhergehenden Beschwerden und der zugrundeliegenden Erkrankung ab. Eine Primäre Hypotonie ohne Symptome bedarf keiner Therapie. Treten Beschwerden auf, können einfache Hausmittel Abhilfe schaffen. Bei Sekundären Hypotonien wird die Grunderkrankung behandelt – mit Medikamenten gegen eine Schilddrüsenunterfunktion oder der Behandlung eines Herzklappenfehlers ist dann oft auch der niedrige Blutdruck verschwunden. Liegt eine Orthostatische Hypotonie vor, sollte ein abrupter Wechsel vom Liegen oder Sitzen ins Stehen vermieden werden: Mit einem schrittweisen und langsamen Positionswechsel lässt der plötzliche Blutdruckabfall sich vermeiden.

Hausmittel zum Blutdruck erhöhen

Wer seinen Kreislauf anregen möchte, hat die Wahl zwischen zahlreichen sehr effektiven Hausmitteln gegen niedrigen Blutdruck:

  • Erhöhung der Trinkmenge auf bis zu drei Liter am Tag
  • salzreiche Ernährung
  • regelmäßiger Ausdauersport wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren
  • Schlafen mit erhöhtem Oberkörper
  • Tragen von Kompressionsstrümpfen
  • Kneipp-Anwendungen
  • Verzicht auf Alkohol und Nikotin

Blutdruck erhöhen mit Medikamenten

Bevor mit Medikamenten gegen zu niedrigen Blutdruck vorgegangen wird, sollte zunächst geklärt werden, ob nicht etwa Medikamente für die Hypotonie verantwortlich sind. Stecken Antidepressiva hinter dem niedrigen Blutdruck, kann eine Umstellung auf selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Abhilfe verschaffen, Parkinson-Patienten können von Dopa-Antagonisten auf Alpha-Dihydroergocryptin wechseln.

In hartnäckigen Fällen, in denen auch Hausmittel nicht gegen den niedrigen Blutdruck helfen, kann eine medikamentöse Therapie sinnvoll sein. Da diese jedoch – vor allem bei alten und herzkranken Menschen – immer auch mit Nebenwirkungen einhergeht, sollte ihr Einsatz gut abgewogen werden. Folgende Wirkstoffe kommen zum Einsatz:

  • Sympathomimetika verengen die Blutgefäße und beschleunigen den Herzschlag
  • Mineralocorticoide steigern die Flüssigkeitsmenge in den Blutgefäßen und dadurch das Blutvolumen

Als pflanzliche Alternativen zur Erhöhung des Blutdrucks stehen Mittel zur Verfügung, die D-Campher und/oder Crataegus-Extrakte enthalten.

Niedriger Blutdruck: Verlauf und Prognose

In den meisten Fällen ist niedriger Blutdruck harmlos und lässt sich mit einfachen Hausmitteln in den Griff bekommen. Insbesondere bei älteren Menschen erhöht er jedoch das Risiko für Stürze und damit einhergehende Knochenbrüche. Wird der niedrige Blutdruck medikamentös behandelt, müssen die Betroffenen engmaschig überwacht werden, um eventuell auftretende Nebenwirkungen (wie Herzrhythmusstörungen und Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe) im Auge zu behalten.