Schmerzen, die von Ihrem linken Oberkörper ausgehen, sollten Sie stets ernst nehmen – es könnte sich um Angina pectoris handeln. Damit beschreiben Mediziner dumpfe, einschnürende oder auch drückende Schmerzen im Brustbereich, die völlig unvermittelt auftreten. Diese werden meist von Atemnot begleitet. Eine Durchblutungsstörung des Herzens löst dieses Symptom aus. Die Schmerzen können auf eine Engstelle in den Blutgefäßen hindeuten, die das Herz mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen.
Angina pectoris wird auch als Brustenge umschrieben
Umgangssprachlich heißt die Angina pectoris auch "Brustenge" oder "Brustbeklemmung". Die Schmerzen sind aber nicht nur im Brustbereich zu spüren, sondern strahlen auch in andere Körperteile aus. So strahlen sie unter anderem bis in die Fingerspitzen beider Arme, die Schultern, den Hals und den Unterkiefer aus.
Angina pectoris-Anfälle dauern mehrere Sekunden bis Minuten an und sind das Hauptsymptom der Koronaren Herzkrankheit (KHK).
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Formen: stabile oder instabile Angina pectoris
Mediziner unterteilen die Angina pectoris in zwei Arten: in eine stabile und eine instabile Form:
Von einer stabilen Angina pectoris ist die Rede, wenn es sich nicht um den ersten Anfall handelt und die Symptome in ihrer Intensität und Dauer vorherigen Anfällen ähneln. Sie tritt bei körperlicher Anstrengung, seelischem Stress, Kälte und schwere Mahlzeiten auf. Durch Medikamente oder Ausruhen verschwinden die Symptome innerhalb weniger Minuten.
Bei der instabilen Angina pectoris ist ein weniger starker Trigger nötig, um die Brustenge auszulösen. Außerdem werden die Symptome intensiver und dauern länger als zuvor oder die Patienten haben bereits in Ruhe Schmerzen. Bei einem erstmaligen Anfall handelt es sich grundsätzlich um eine instabile Angina pectoris.
Symptome: Von Schmerzen bis Todesangst
Das Leitsymptom der Brustenge sind die plötzlich auftretenden im Oberkörper. Sie können in den linken Arm, Unterkiefer, Hals oder in den Oberbauch ausstrahlen. Zusätzlich klagen Patienten über Atemnot, Beklemmungs- und Erstickungsgefühle sowie Todesangst.
Belastungsangina nennen Mediziner es, wenn ausschließlich körperliche Anstrengungen die Symptome auslösen. Die Ruheangina tritt dagegen erst auf, wenn die Krankheit schon weiter fortgeschritten ist. Dann verspüren die Patienten bereits in Ruhe die charakteristischen Schmerzen.
Ursachen: Abgelagerte Blutfette sind die Übeltäter
Fast immer sind Ablagerungen in den Blutgefäßen der Grund für eine Angina pectoris. Bei der sogenannten Arteriosklerose, auch Arterienverkalkung genannt, sammeln sich Blutfette an der Innenseite der Arterien an. Dadurch verändern sich die betroffenen Gefäße: Sie sind weniger elastisch, verengen sich und erschweren es dadurch dem sauerstoffreichen Blut, ins Herz zu fließen.
Körperliche Belastungen, üppiges Essen, Aufregung und Stress können die Brustenge auslösen. Auch Kälte ist nicht gut für Angina-pectoris-Patienten. Denn sehr tiefe Temperaturen führen zu einer starken Verengung der Blutgefäße. Der Widerstand, gegen den das Herz dann anpumpen muss, vergrößert sich. Dadurch kann es bei Herzkrankheiten wie Angina pectoris leicht überlastet werden.
EKG, MRT und Ultraschall: Diagnose der Angina pectoris
Um Angina pectoris zu diagnostizieren, benötigt der Arzt zunächst einige Hintergrundinformationen. In der Anamnese (Befragung) möchte er zum Beispiel wissen, wie häufig der Patient bereits an den typischen Schmerzen litt, wann sie das erste Mal aufgetreten sind, ob es einen Auslöser dafür gab und wie sich die Beschwerden genau äußern. Außerdem muss er das individuelle Risiko des Patienten abklären, indem er sich über bekannte Herzerkrankungen in der Familie erkundigt.
Daran anschließend kann der Arzt weitere Untersuchen anordnen:
Belastungs-EKG: Um festzustellen, wie das Herz auf Anstrengung reagiert, führt der Arzt ein Belastungs-EKG durch. Dabei fährt der Patient auf einem Fahrradergometer und der Arzt erhöht allmählich die Belastung. Über Elektroden, die auf der Haut kleben, wird das EKG gemessen. Dieses kann Aufschluss über die Sauerstoffversorgung des Herzmuskels geben.
Langzeit-EKG: Um Hinweise auf wiederkehrende Probleme oder Durchblutungsstörungen des Herzmuskels unter alltäglichen Bedingungen zu geben, veranlasst der Mediziner ein Langzeit-EKG. Dabei ist der Patient über 24 Stunden mit einem mobilen Aufzeichnungsgerät verbunden. Die Daten werden danach ausgewertet und besprochen.
Ultraschalluntersuchung des Herzmuskels (Echokardiogramm): Damit kann der Arzt Veränderungen am Herzen, zum Beispiel Narben, erkennen. Außerdem ermöglicht der Ultraschall Durchblutungsstörungen unter Belastung (Stressechographie) festzustellen.
Stress-Magnetresonanztomografie: Mithilfe von Medikamenten wird das Herz künstlicher Belastung ausgesetzt, sodass es schneller und kräftiger schlägt. So entsteht ein Sauerstoffmangel am Herzen, den der Mediziner via MRT analysiert.
Myokardszintigrafie: Reichen EKG und Ultraschall nicht aus, um eine sichere Diagnose stellen zu können, kann der Arzt eine Myokardszintigrafie anordnen. Dabei spritzt er radioaktive Substanz in den Herzmuskel, die sich dort anreichert. Anschließend macht er sowohl in Ruhe als auch bei Belastung Fotos mithilfe einer sogenannten Gammakamera.
Medikamente und OP: So wird Angina pectoris behandelt
Abhängig vom Schweregrad der Angina pectoris, wählt der behandelnde Arzt die entsprechende Therapie. Ist die Erkrankung noch nicht so weit fortgeschritten, reichen oft auch Medikamente. Diese verringern entweder den Sauerstoffbedarf des Herzens oder verbessern den Blutzufluss zum Herzen. Am häufigsten verabreichen Medizinier:
- Nitrate: Nitrate erweitern die Blutgefäße und verbessern so die Durchblutung. Das Herz wird entlastet und verbraucht weniger Sauerstoff.
- Betablocker: Sie verringern den Sauerstoffbedarf des Herzens.
- Kalziumantagonisten (Kalziumkanalblocker): Auch Kalziumantagonisten weiten die Blutgefäße. Dadurch senken sie den Blutdruck und verbessern den Blutzufluss zum Herzen.
- Acetylsalicylsäure: Diese Säure "verdünnt" das Blut und erschwert so die Entstehung von Blutgerinnseln.
Helfen die Medikamente nicht mehr, sind oft Operationen wie ein Bypass oder eine Koronar-Angioplastie nötig. Diese können zwar die Beschwerden lindern, Folgeerkrankungen verhindern und dadurch den Zustand des Patienten verbessern. Die Arterienverkalkung kann aber keine der beiden aufhalten.
Operationsmethoden: Bypass oder Katheter
Eine Bypass-Operation bietet sich an, wenn ein Gefäßbereich so stark verengt ist, dass kaum oder kein Blut mehr durchfließen kann. Dieser Arterienabschnitt wird überbrückt, indem das Blut durch körpereigene oder künstliche Gefäße an der verengten Stelle vorbeigeleitet wird.
Bei der Koronar-Angioplastie wird dagegen ein Ballonkatheter in die Arterie eingeführt: Der Arzt schiebt den dünnen Kunststoffschlauch in das verengte Gefäß und bläst den Ballon dort auf. Die Verengung wird dadurch gedehnt, das Blut fließt wieder ungehindert.
Neurostimulation gegen Schmerzen
Zeigen alle vorherigen Behandlungsmethoden keinen oder nur mäßigen Erfolg, kann der Arzt auf die Neurostimulation zurückgreifen. Dabei impantiert er dem Patienten eine Elektrode nahe des Rückenmarks sowie einen Impulsgeber (Neurostimulator). Mittels elektrischer Impulse werden dann bestimmte Nervenfasern gereizt. Diese verhindern, dass der Schmerzimpuls im Gehirn ankommt.
Die vier Schweregrade bei Angina pectoris
Während Betroffene im frühen Stadium der Erkrankung noch weitgehend uneingeschränkt ihren alltäglichen Aktivitäten nachgehen können, kommt es beim Fortschreiten der Angina pectoris zu immer stärkeren Beeinträchtigungen. Die kanadische kardiovaskuläre Gesellschaft (Canadian cardiovascular Society, CCS) teilt die Brustenge in vier unterschiedliche Schweregrade ein:
Grad I: Angina pectoris tritt ausschließlich bei schwerer körperlicher Anstrengung auf
Grad II: Geringfügige Einschränkungen durch Angina pectoris bei normaler körperlicher Belastung
Grad III: Erhebliche Einschränkungen durch Angina pectoris bei normaler körperlicher Anstrengung
Grad IV: Angina pectoris schon bei geringer körperlicher Belastung oder gar in Ruhe (Ruheangina, instabile Angina pectoris). In diesem Stadium besteht höchste Herzinfarktgefahr.
So beugen Sie Angina pectoris vor
Damit es überhaupt nicht erst soweit kommt, können Sie mit Ihrem Lebensstil weitere Gefäßschädigungen vermeiden beziehungsweise schon im Voraus Ihr Risiko für Herzerkrankungen senken. Dabei sollten Sie achten auf:
- gesunde Ernährung
- regelmäßige Bewegung (zum Beispiel Spazierengehen oder Schwimmen)
- Verzicht auf Alkohol und Zigaretten
Um den Schmerzen in der Brust weiter vorzubeugen, hilft Therapietreue. Das bedeutet:
- regelmäßige Einnahme der verordneten Arzneimittel
- konsequentes Einhalten ärztlicher Anweisungen
- regelmäßige Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen
Für Patienten, die an Angina pectoris leiden, sind nicht alle Sportarten oder körperlichen Betätigungen geeignet. Aktivitäten, die mit Spitzenbelastungen einhergehen, zum Beispiel Squash spielen, Holz hacken oder Schnee schippen, sollten Betroffene vermeiden. Im Zweifel sollten Betroffene mit ihrem Arzt abklären, welche Belastungen angemessen sind.
Mit Untersuchungen und gesundem Lebensstil Angina vorbeugen
Da viele Risikofaktoren für Angina pectoris oder weitere Herzkrankheiten von den individuellen Lebensgewohnheiten abhängig sind, kann jeder sein Erkrankungsrisiko selbst beeinflussen. Daher sollten Eltern ihren Kindern von Anfang an einen gesunden Lebensstil beibringen.
Außerdem ist es ratsam, die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen in Anspruch zu nehmen: Im Zwei-Jahres-Rhythmus bieten sie kostenlose Vorsorgeuntersuchungen an, um häufige Krankheiten rechtzeitig zu erkennen. Diese Gesundheits-Check-ups stehen allen Versicherten ab 35 Jahren zu.